Am Sonntag, den 15.05.2022, war es endlich soweit. Nach einer coronabedingten Zwangspause konnten Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs Kohlstraße wieder zu einer internationalen Begegnung aufbrechen. Diesmal war das Ziel Marseille/Frankreich, wo Schülerinnen und Schüler des beruflichen Gymnasiums und der Fachoberschule unsere Partner des Lycée Professionnel Blaise Pascal besuchten. Das Seminarprogramm zum Thema „Nachhaltig leben in einer gesunden Umwelt – Herausforderungen und Chancen des bürgerschaftlichen Engagements von Jugendlichen aus Deutschland und Frankreich“ wurde von der Fondation INFA, Bordeaux und dem IKAB-Bildungswerk e.V., Bonn organisiert und vom deutsch-französischen Jugendwerk (DFJW) und der Landeszentrale für politische Bildung finanziell unterstützt. Bei diesen Organisationen möchten wir uns im Namen der Teilnehmenden und des BK Kohlstraße herzlich bedanken. Sie haben unseren Schülerinnen und Schülern eine unvergessliche Erfahrung ermöglicht!
Nach einer langen Busfahrt kamen wir am Sonntagabend in Marseille an. Das wunderschöne Panorama des beleuchteten Vieux Port entschädigte für die anstrengende Busfahrt und die Vorfreude wuchs bei allen Beteiligten. Am Hostel nahm uns Marie von IKAB in Empfang, die mit uns das Einchecken organisierte. Wir konnten schnell unsere Zimmer beziehen, so dass wir uns vor Seminarbeginn noch einmal gut ausschlafen konnten.
Am nächsten Morgen fuhren wir nach dem gemeinsamen Frühstück im Hostel mit der Metro zu unserer Partnerschule. Dort war das Pausenzentrum für uns reserviert, welches wir für die ganze Woche als Seminarraum nutzen durften. Die französischen Kolleg_innen Nathalie Tassy und Said Ainouz sowie die Teamer_innen Marie, Carla und Andreas warteten bereits auf uns und begrüßten uns herzlich. Das Seminarprogramm begann mit einer Vorstellungsrunde und verschiedenen Kennenlernspielen. So wurde die Stimmung aufgelockert und erste Kontakte geknüpft. Viele der Spiele und Sprachanimationen, welche wir im Laufe der Woche durchführten, sind für unsere Schülerinnen und Schüler sicher auch in späteren beruflichen Kontexten im pädagogischen Bereich hilfreich. Schon am ersten Tag bewiesen einige Teilnehmende großen Mut, indem sie Ergebnisse von Gruppenarbeiten vor einem großen Publikum von über 50 Personen vorstellten. Trotz professioneller Übersetzung war dies keine leichte Aufgabe. Am Nachmittag und nach dem gemeinsamen Abendessen hatten die Teilnehmenden dann Zeit, selbstständig ihre Mittagssnacks für die kommenden Tage einzukaufen und die Stadt und den Hafen in der Abendsonne zu erkunden.
Der Vormittag des zweiten Tages begann ähnlich wie der erste, nur dass bei den Sprachanimationen bereits das Nachmittagsprogramm vorbereitet wurde. Die deutschsprachigen Schülerinnen und Schüler lernten von den französischsprachigen z.B., wie man Wege beschreibt und nach wichtigen Orten fragt. Dabei konnten einige Schülerinnen und Schüler des beruflichen Gymnasiums an ihr Wissen aus dem Französischunterricht anknüpfen. Am Anschluss daran erkundeten die Teilnehmenden in gemischten Gruppen eigenständig im Rahmen einer Rallye die Stadt. Dabei entdeckten sie die schönsten Orte in Marseille und lernten, Kommunikationshindernisse zu überwinden. Zu den Aufgaben gehörte es unter anderem, sich vor Sehenswürdigkeiten oder mit Tieren zu fotografieren. Als wir uns am Nachmittag am Hafen wieder trafen, berichteten Gruppen von schönen gemeinsamen Erlebnissen und großartigen Eindrücken von der Stadt. Für einige Gruppen war die Abstimmung untereinander jedoch auch eine Herausforderung, so dass auch mit Frust umgegangen werden musste.
Die Herausforderungen der Kommunikation unter einigen Teilnehmenden wurden am nächsten Morgen zum Anlass genommen, um sich zunächst einmal in den nationalen Gruppen zusammen zu setzen und den vergangenen Tag zu reflektieren. Gemeinsam wurde überlegt, worin die Abstimmungsschwierigkeiten in manchen Gruppen begründet sein könnten und wie das Miteinander für die kommenden Tage verbessert werden soll. Dies war offenbar erfolgreich, denn schon in der daran anschließenden Pause gingen die Teilnehmenden wieder aufeinander zu, sprachen sich aus und verbrachten ihre Freizeit miteinander. Den Nachmittag verbrachten wir in einem Park in der Nähe der Schule, wo die Teilnehmenden in Gruppenarbeit ihren deutschen bzw. französischen Wortschatz zum Thema Umwelt und Landschaft erweiterten. In den Pausen wurde Fußball gespielt und sich an Wasserspendern abgekühlt. In dieser lockeren Atmosphäre gingen die Teilnehmenden weiter aufeinander zu und man merkte, dass die Kommunikation über die Sprachbarrieren hinweg immer leichter fiel.
Am Donnerstagmorgen trafen wir uns dann nicht an der Schule, sondern bei uns im Hostel. In gemischten Produktionsgruppen beschäftigten sich die Teilnehmenden mit dem Seminarthema. Gemeinsam wurden Videos produziert, Gedichte geschrieben und gemalt. Am Mittag wurde die thematische Arbeit unterbrochen, da eine Bootstour zu den Frioul-Inseln geplant war. Bereits kurz nach dem Ablegen bot sich ein herrlicher Blick auf den Hafen und die Stadt. Vor Ort erkundeten die Schülerinnen und Schüler die Insel selbstständig in gemischten Gruppen. Alle waren beeindruckt von der felsigen, mediterranen Landschaft und dem türkisblauen Wasser. Im Anschluss trafen wir uns in einer malerischen Bucht und die Teilnehmenden erweiterten erneut ihren Wortschatz zu den Wortfeldern Natur und Alltagsgegenstände. Zum Abschluss wurde wieder Fußball gespielt und am Hafen blieb noch Zeit für ein erfrischendes Eis. Nach der Ankunft im alten Hafen von Marseille verweilten wir noch einige Zeit unter dem futuristisch verspiegelten Sonnendach l’Ombrière, welches von dem Architekt Norman Foster gestaltet wurde. Die Musik der Straßenmusiker verleitete einige von uns zu einem spontanen, fröhlichen Tanz, der die Stimmung des Tages widerspiegelte. Am Abend blieb erneut Zeit für eigenständige Besorgungen und Stadterkundungen. Außerdem wurde nach diesem sehr heißen Tag viel Après-Soleil verbraucht.
Den letzten Tag verbrachten wir dann wieder in der Schule. Zum Aufwärmen gab es eine Sprachanimation, wobei die Gruppen sich gegenseitig beim Finden und Aufschreiben von Begriffen in der jeweils anderen Sprache helfen mussten. Dies funktionierte sehr gut, so dass wir motiviert in den letzten Seminartag starteten. Im Anschluss nahmen wir uns kurz Zeit, die Woche zu reflektieren und die Evaluation für das IKAB-Bildungswerk durchzuführen. Die Rückmeldung der Teilnehmenden fiel sehr positiv aus. Viele hätten sich einen längeren Aufenthalt gewünscht. Insbesondere die Phasen eigenständigen Arbeitens und die spielerischen Sprachanimationen wurden gelobt. Außerdem erkannten die Schülerinnen und Schüler, dass der Kontakt zu und die Kommunikation mit der französischen Gruppe im Laufe der Woche immer besser funktionierten. Entsprechend motiviert wurde der Nachmittag dann noch mit der Vorbereitung des Abschiedsabends verbracht. Die Gruppen arbeiteten weiter an ihren Videos und Plakaten oder beschäftigten sich mit der Organisation der Abschiedsparty. Während dieser wurden die Ergebnisse der Gruppenarbeiten bewundert, man genoss die bestellte Pizza, machte Erinnerungsfotos in der Abendsonne und tauschte Kontaktdaten aus. Von der Schule aus ging es direkt zum Bus und bei einem letzten Blick auf die beleuchtete Stadt waren sich viele sicher, dass dies nicht ihr letzter Besuch bleiben wird. Au revoir les amis, au revoir Marseille!
Zusammenfassend war die Austauschfahrt ein großer Erfolg, vor allem im Hinblick auf die persönliche Entwicklung der Teilnehmenden. Im Laufe der Woche wurde deutlich, dass alle sich viel Mühe gaben, Vorurteile, Schüchternheit und Kommunikationshindernisse zu überwinden und den eigenen Beitrag zu einem erfolgreichen Seminar zu reflektieren. Sie lernten, sich selbst in Frage zu stellen und in einer fremden Umgebung selbstständig zu Handeln. Für den im kommenden Schuljahr geplanten Gegenbesuch in Deutschland nahm sich die Gruppe vor, noch offener auf die französische Gruppe zuzugehen. Im Hinblick auf die Seminarorganisation wurde vorgeschlagen, zunächst noch stärker auf das Kennenlernen zu setzen und die Kommunikation zu üben, um dann intensiver in die thematische Arbeit einsteigen zu können. Eins steht jedenfalls jetzt schon fest: Wir können es kaum erwarten!